Versorgungslücke bei Pflegebedürftigkeit: Betroffene werden zur Kasse gebeten

Infolge des demographischen Wandels zeichnet sich im bundesweiten Pflegeverhältnis eine Umkehrung ab, die im individuellen Leistungsfall zu einer deutlichen Versorgungslücke führen könnte: Indem die Lebenserwartung steigt, nimmt auch die Zahl der Pflegebedürftigen zu. Bei gleichzeitiger Alterung der Gesellschaft verringern sich die Beitragszahlungen: Die Pflegeversicherung hat weniger Geld für mehr Pflegebedürftige zur Verfügung. Für die Versicherten bedeutet dies entweder höhere Beitragszahlungen oder reduzierte Leistungen. Zusammen mit den steigenden Kosten für Pflege allgemein errechnet sich hier schnell ein Betrag von Tausend Euro Eigenleistung, der im Pflegefall übernommen werden muss, trotz gesetzlicher Rente.

Von der individuellen Situation abhängig vergrößern verschiedene Faktoren die entstehende Versorgungslücke:

Mit 87,5% aller Pflegefälle bezieht die große Mehrheit Unterstützung aus Pflegestufe I oder II. Nach aktuellen Berechnungen käme in diesem Fall eine Versorgungslücke von monatlich 500€ (Stufe I) oder 1.200€ (Stufe II) auf die Angehörigen zu, bei Pflegestufe III kann sich der aus Eigenvermögen zu finanzierende Betrag sogar auf 2.200€ erhöhen.

Finanzierungslücke der Pflege-Pflichtversicherung

Finanzierungslücke der Pflege-Pflichtversicherung

Quelle in Anlehnung an: Statistisches Bundesamt und VDEK, 2012

Besonders problematisch liegt die Situation nach wie vor für von Demenz betroffene Menschen. Solange sie sich ohne Hilfe waschen und anziehen können, werden sie zu gar keiner Pflegestufe zugerechnet. Leistungsverbesserungen ab der Reform 2013 sind nur minimal und stellen immer noch ein hohes finanzielles Eigenaufkommen.

Zusätzlich zur gesetzlichen oder privaten Pflegepflichtversicherung stellt die private Pflegefallabsicherung eine Möglichkeit dar, die Versorgungslücke zu schließen.

Finanzielle Belastung der Angehörigen

Die betroffene pflegebedürftige Person und ihre Angehörigen stellt dies häufig vor ein finanzielles Problem. Die privaten Ersparnisse oder Einkommen können Beträge dieser Höhe selten decken, sodass die entstandene Versorgungslücke durch Sozialhilfe überbrückt werden muss. Was den Pflegebedürftigen in dem Moment eine Entlastung ist, wird zur Belastung für die Kinder: Diese werden später finanziell belangt, wenn ihr Einkommen hoch genug ist.

Um dies zu berechnen, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in mehreren Grundsatzurteilen festgesetzt, wie das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen berechnet wird, das die Kinder vor zu hohen Nachzahlungen schützen soll:

  • Für Unterhaltspflichtige besteht ein Freibetrag von 1.500€ monatlich, für ihre Ehegatten von 1.200€.
  • Vom Bruttoeinkommen werden 5% für zusätzliche Altersvorsorge freigehalten.
  • Sozialabgaben und Steuern, Versicherungsaufwendungen, Zinsen aus Hypotheken sowie Kosten für Kinderbetreuung oder Beruf können abgerechnet werden.

Vom Bruttoeinkommen subtrahiert, ergibt sich somit das bereinigte Nettoeinkommen, das zu 50% für die Pflegekosten der Eltern investiert werden muss. Hinzu kommen Vermögenswerte außer selbst bewohnten Eigenheime oder Eigentumswohnungen.

Daraus ergibt sich die Folgerung: Die durch die erhöhten Pflegekosten und den demographischen Wandel beschleunigte Versorgungslücke muss gedeckt werden. Ohne zusätzliche Pflegeversicherung belastet man entweder den Staat und damit alle Steuerzahler oder die eigene Familie.

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